Montag, 2. Juni

Summam esse vim fulminis iudicant quia quicquid alia portendunt interventus fulminis tollit. Quidquid ab hoc portenditur fixum est nec alterius ostenti significatione mutatur.

Dem Blitz messen sie die größte Kraft und Bedeutung bei. Denn was auch immer die anderen Vorzeichen ankündigen, der Blitz hebt sie auf. Was er andeutet, steht endgültig fest, und kein anderes Zeichen des Schicksals kann daran noch etwas ändern.

27

Kjell fand den Pfad zwischen den Uferfelsen hindurch ziemlich einladend und folgte ihm. Er wusste nicht, wie er sich die halbstündige Wartezeit in Fredhäll sonst vertreiben sollte. Das Westende von Kungsholmen bot nichts außer Wohnkolonien und einem Kiosk. Immerhin hatte die Gegend eine eigene Bushaltestelle.

Ein Metallgeländer wies den Weg zwischen den Felsen hindurch. Kjell umrundete die Landspitze in einer halben Stunde und nahm dann die Straße zurück zum Haus von Crister Savström. Er saß mit Linda auf dem Sofa und lächelte zufrieden über das ganze Gesicht, als hätte er die Zeichnung selbst vollbracht.

„Ist es gut gelaufen?“, fragte Kjell.

Crister nickte eifrig. Moa hatte die Verbissenheit, die Kjell bei der Vernehmung in der Nacht zum Sonntag entgegengeschlagen war, zum Glück mit zur Arbeit genommen. Neue Anträge für Strafanzeigen gegen Polizisten lagen auch nicht vor.

„Das ist praktisch für dich, dass du deine Tochter als Phantomzeichnerin anwerben kannst.“

„Das machen wir nur in besonderen Fällen, wenn es nicht wie eine Phantomzeichnung aussehen soll“, antwortete Kjell und betrachtete das Ergebnis. Lindas Zeichnung war gelungen, aber dennoch war Kjell überhaupt nicht zufrieden.

Crister hatte den bartlosen Mann immer nur im Profil gesehen, deshalb hatte Linda ihn nach seinen Vorgaben auch so gezeichnet. Auf dem Bild kniete er über der Toten.

„Der Mann war von deiner Warte aus also wirklich diesseits der Leiche? Rechts? Und seine Knie berührten den Boden nicht, er kniete also nicht, sondern hockte knapp über dem Boden?“

Nach jeder Frage nickte Crister.

„Wie ein Inder, wenn er seine Wäsche im Ganges wäscht“, fügte Linda professionell hinzu. „Die sitzen auch immer so da.“

Crister lächelte auf dieselbe Art wie viele, die Linda gerade erst kennenlernten. Oder bereits länger kannten.

Kjell griff nach Lindas Zeichenmappe und zog eine andere Zeichnung heraus. „Hast du vielleicht auch diesen Mann gesehen?“

Crister betrachtete die Zeichnung lange und schüttelte schließlich den Kopf. Linda sandte ihrem Vater bohrende Blicke, ließ sich aber sonst nichts anmerken. Das Bild zeigte den Bärtigen, wie Katherine und Greta ihn gesehen hatten. Linda hatte es am Morgen gezeichnet.

„Kannst du völlig ausschließen, dass dieser Mann hier dein Mann ist?“

Crister wirkte immer noch nicht unsicher. „Hat der wirklich so schwarzes Haar wie auf dem Bild?“

„Ja“, sagte Linda bestimmt. „So schwarz.“

Beim Haar von Cristers Mann hatte Linda die Kohle lange nicht so fest aufgedrückt und weniger Striche gemacht. Es war etwas heller gewesen, aber Crister mochte sich nicht festlegen, wie hell es tatsächlich gewesen war. Auf keinen Fall aber schwarz.

Crister hielt die Zeichnung mit dem Bärtigen weit von sich und taxierte sie. „Auf keinen Fall. Der Bart. Das wäre mir doch aufgefallen.“